Osterfreizeit 2009 – das erste Mal dabei.
Ein bisschen mulmig ist mir schon , meinen Sohn 10 Tage in fremde Hände zu
geben. Trinkt er genug, isst er genug, sagt er Bescheid, wenn er aufs Klo muss,
bekommt er einen Anfall, hat er Spaß, kann er schlafen, hat er Heimweh, ich bin eine
Rabenmutter…
Wir werden mit einem großen Hallo empfangen. Es gibt gleich Kaffee und Kuchen und Saft und Zeit zum Ankommen. Es ist schon eine sehr lebendige Stimmung im Aufenthaltsraum, wir beide ein bisschen überfordert. Der Abschied fällt mir schwer, denn plötzlich ist das „Tschüss“ dann da und ich denke, ich kann ihn ja auch einfach wieder mitnehmen. Die Betreuer haben gut zu tun mit mir und meinem Sohn und dem Abschiedsschmerz. Ein letztes Hupen, Luiz sitzt schon auf dem Kettcar, ist kurz erschrocken, dann aber gleich wieder mit Fahren beschäftigt.
Ich habe mir für meine freie Zeit viel vorgenommen, wenig davon umgesetzt, wie das so ist, wenn die Struktur plötzlich wegfällt und von 100 auf O umgeschaltet wird.
Das Gefühl, einfach Zeit zu haben für die einfachen Dinge des Lebens wie Einkaufen, Lesen, Schlafen, Telefonieren… Über Tage. Das ist Luxus pur.
Drei Tage später ein Anruf. „ Alles prima, Luiz geht es gut, wir haben schon gegrillt, gleich geht’s zum Zoo.“ Sechs Tage später ein Anruf. Ich höre ohrenbetäubende Rockmusik. „Luiz tobt sich gerade auf dem Trampolin aus. Die Musik kann ihm gar nicht laut genug sein. Es geht ihm bestens, tschüüüs“ ruft Ricarda ins Telefon.
10 Tage später. Ich freue mich aufs Wiedersehen und fahre früh los. Alle sitzen beim Frühstück, Luiz mittendrin am Quatschen und am Lachen. Es ist wie Zauberei. Vor 10 Tagen war er noch der Neue, den man erst noch kennen lernen muss, der sich noch einfinden muss und jetzt ist er ganz offensichtlich ein Teil der Gruppe geworden. Ein Abschied wie bei einer großen Familienfeier. Alle liegen sich irgendwie in den Armen. Ricarda meinte zum Schluß:“Freude, Trauer, Wut, Spaß, Frust, Lachen, Streiten, Vertragen, Verstehen, Interesse und philosophische Gespräche in schlaflosen Nächten. Es war alles dabei.“
Ein paar Wochen später flattert mir eine FotoCD ins Haus. Ich kann mir ein Bild
machen von den ganzen Unternehmungen und der Stimmung. Ich sehe Piraten,
Flohmarktschätze, hungrige Würstchenesser, einen 50 m Sprinter, chillende
Sofalümmler, eine Wasserschlacht, Labyrinthkraxler, Trampolinspringer,
Zoobesucher, verschmierte und verschmitzte Betreuer. Das sieht nach Freizeit aus. „Und Luiz, willst Du nächstes Jahr wieder mit?“ „Ja!“
Man liest das ja öfter :„…ein großes Danke an die Betreuer“. Aber jetzt weiß ich, was gemeint ist. Ein riesengroßes Danke an die Betreuer.
Brigitte Wandkowski